Flipping the Classroom

Flipping the Classroom

Digitale Lehre an der Max Planck School

2. November 2021

Tomoko Koda und Tzu-Huan Lin sind die Lerning Designer der Max Planck School of Cognition and Photonics. Ihre Aufgabe ist es, das Lehr- und Lernformat der Schule so ansprechend und effektiv wie möglich zu gestalten. Deshalb unterstützen sie das Flipped-Classroom-Modell, über das wir in diesem Artikel sprechen.

Was ist das "Flipped Classroom" Modell?

In den drei Max Planck Schools wird derzeit das sogenannte "Blended Learning" praktiziert, d. h. die Studierenden können mit einer Reihe von digitalen Lehrmaterialien lernen, Aufgaben in ihrem eigenen Tempo bearbeiten und virtuell an synchronen Lernaktivitäten teilnehmen. In diesem Zusammenhang ist auch das Modell des "Flipped Classroom"- oder "Inverted Classroom" zu verstehen, das in der Sekundarstufe in den Vereinigten Staaten populär wurde [1]. Durch diesen asynchronen Ansatz wird im Unterricht mehr Zeit für schülerzentrierte Aktivitäten und Diskussionen gewonnen, und die Studierenden können sich in ihrem eigenen Tempo auf die Vorlesungen konzentrieren. Die Lehrkräfte können dann während der synchronen Online-Sitzungen individuelle Unterstützung und praktische Projekte anbieten. Das Ziel der Max Planck Schools ist es, dass sich die asynchrone Unterrichtszeit auf die praktische Anwendung des Wissens konzentriert. Dadurch können die Dozendierenden Verständnisfehler bei den Studierenden früh erkennen.

Flipped Classroom in der Max Planck School of Cognition: E-learning Programm

Die meisten E-Learning Kurse der Max Planck School of Cognition (MPSCog) sind nach dem Flipped Classroom Modell aufgebaut. Sie bestehen aus sowohl asynchronen (Selbststudium) als auch synchronen (live-online) Lernelementen. Bei der asynchronen Komponente sehen sich die Studierenden die bereitgestellten Materialien an (z. B. vorab aufgezeichnete Videovorlesungen, empfohlene Literatur) und erledigen Aufgaben und Aktivitäten vor Ablauf der Frist in ihrem eigenen Tempo. Für die synchrone Komponente gibt es wöchentliche Online-Live-Sitzungen, bei denen die Studierenden virtuell zur gleichen Zeit am gleichen Online-Ort anwesend sind, und mit den Dozendierenden und Mitstudierenden interagieren. Die Studierenden werden dort mit den wöchentlichen Themen vertraut gemacht, erweitern ihre Perspektiven und wenden das Wissen an, das sie durch die asynchronen Lernmaterialien erworben haben.

An der MPSCog wird besonderer Wert auf die Beziehung zwischen Lehrenden und Studierenden gelegt, um ein positives Lernumfeld zu schaffen. Wir sind der Meinung, dass das Flipped Classroom Modell ein ideales Format ist, um eine bessere Beziehung zwischen den beiden Seiten zu erreichen. Die Studierenden können die synchronen face-to-face Sitzungen für praktische Aktivitäten nutzen, anstatt passiv den  Vorlesungen zuzuhören. Diese Erfahrung der praktischen Anwendung fördert ein tiefes Lernen und ein übergreifendes Verständnis der Zusammenhänge. Um diesen Prozess zu unterstützen, verwenden wir (Gamification-)Online-Tools und aktive Lernmethoden für individuelle Einschätzungen. So können sowohl die Studierenden als auch die Dozendierenden über ihren aktuellen Lernstand reflektieren. Dies erleichtert es den Dozendierenden, Feedback zu geben und zu vermeiden, dass jemand zurückbleibt. Studierenden erzählten uns, dass sie die Flexibilität und Autonomie des Flipped Classroom Modells schätzen. 

Das Flipped Classroom Modell aus der Perspektive eines Studenten:
Ein Beispiel von der Max Planck School of Photonics

An der Max Planck School of Photonics nutzen wir die Zeit im Vorlesungsraum, um die wissenschaftlichen Kommunikationsfähigkeiten der Studierenden zu verbessern. Tzu-Huan, unser Designer für digitales Lernen, sprach mit dem Doktoranden Katsuya Tanaka, um Einblicke in die Lernerfahrungen mit dem Flipped-Classroom-Modell zu geben.

Kannst du dich kurz vorstellen? 

"Ich bin Katsuya Tanaka aus Japan. Ich forsche im Gebiet der Halbleiter-Nanophotonik unter der Leitung von Prof. Thomas Pertsch und Prof. Isabelle Staude im Abbe Center of Photonics in Jena."

Hast Du in Deinem Studium Erfahrungen mit dem "Flipped Classroom"-Modell gemacht?

"Ja! Während meines Masterstudiums hatte ich einige Seminare und Photonik-Kurse, die das Modell genutzt haben. Während der Live-Sitzungen mussten Studierende ihre Lösungen an der Tafel zeigen und konnten wissenschaftliche Ideen mit den anderen austauschen. Die Dozendierenden waren dabei selbst Teilnehmende - wir mussten also nicht nur unsere Mitstudierenden von unserer Idee überzeugen, sondern auch die Lehrenden."

Und wie fandest Du die Lernmaterialien, die in das Learning Management System (virtueller Campus) hochgeladen wurden, z. B. Lehrvideos und Literatur?

"Es war sehr gut, dass wir Zeit für das Selbststudium hatten. Manche Studierende brauchten die Zeit, um den Inhalt wirklich zu verstehen. Ich glaube, in Vorlesungen hören wir nur passiv den Dozendierenden zu und manchmal ist es da schwer, dem Inhalt zu folgen und die wichtigsten Gedanken zu begreifen. Mit dem Lernmaterial für das Selbststudium konnten wir zum Beispiel mathematische Abweichungen wirklich verstehen. Ich glaube, das dass das Selbststudium für die Wissenschaft wichtig ist, um den Inhalt wirklich zu begreifen. 

Abgesehen von Kommunikations- und Präsentationsfähigkeiten, welche Fähigkeiten im Bereich Photoniks konntest Du erlernen oder verbessern?

"Mit dem Flipped Classroom Modell haben wir viele Diskussionen im Gebiet von Mathematik und Physik geführt. Während dieser Prozesse sieht man, was vor sich geht, und versteht die Bedeutung jeder Gleichung. Was ich damit sagen will ist, dass man die komplexe Bedeutung einzelner mathematischer Gleichungen erklären muss, wenn man sie vor allen anderen präsentiert - dadurch verstehen wir den Zusammenhang zwischen den mathematischen Formeln und der Photonik. Generell hat mir der Flipped Classroom geholfen, die Bedeutung der einzelnen Gleichungen und physikalischen Phänomene besser zu verstehen."

Wo siehst du das Flipped Classroom Modell für die Photonik-Ausbildung in der Zukunft?

"Ich glaube, dass dieses Modell den Studierenden viele Möglichkeiten bietet, zu lernen, wie man wissenschaftliche Ideen in einer interaktiven Form austauscht. Was mich betrifft, so hat das, was ich im Flipped Classroom gelernt habe, meine Kommunikation geprägt. Ich glaube, dass in Zukunft mehr Flipped Classrooms in vielen Photonik-Kursen eingeführt werden, da in diesem Bereich ein komplexer wissenschaftlicher Austausch erforderlich ist. Ich glaube, dass viele Leute diese Gelegenheit und diese Art von Fähigkeiten nicht haben. Meiner Meinung nach würde es vielen zum Erfolg verhelfen, wenn sie die Fähigkeit zur wissenschaftlichen Interaktion in ihrer Karriere erlernen."

Vielen Dank für Deine Zeit!

Quellen: Bergmann, J., & Sams, A. (2014). Flipping for mastery. Educational Leadership, 71(4), 24-29.

Möchten Sie das Flipped Classroom Modell für Ihre eigenen Kurse ausprobieren? Unser Digital Teaching Team hilft Fellows und Doktoranden der Max Planck School of Photonics gerne weiter! Auch wenn Sie kein Mitglied der Max Planck School sind, freut sich unser Digital Teaching Team über einen Austausch. Mehr Informationen finden Sie hier. 

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